(Soest, Stammtisch, 14.10.23) Zum ersten Mal habe ich, von Beruf Sprachtherapeutin, an einem Treffen einer Selbsthilfegruppe teilgenommen. Zu meinen Uni- Zeiten hatte ich zwar zu Selbsthilfegruppen ein Referat gehalten, aber merkwürdigerweise nie aktiv eine besucht.

Meine neugierigen Fragen und meine Begeisterung für CI  verleiteten meinen CI- versorgten Patienten dazu mich zu ermutigen an einem Stammtisch der jungen Selbsthilfe Deafoha NRW teilzunehmen. Welch grandiose Idee dachte ich mir! So zeigte sich mir bald die Möglichkeit mich mit jungen hörgeschädigten Menschen auszutauschen.,

So bin ich auf Anregung von Toby am Samstag den 14.Oktober nach Soest gereist, um an dem Treffen der Deafoha NRW Abteilung junge Selbsthilfe für hörbehinderte Menschen teilzunehmen.

Ich wusste nicht genau was mich erwartet, außer, dass es ein offenes Treffen mit Speis und Trank werden würde.

Essen, Trinken und klönen passt mir gut dachte ich, was will ich mehr ;)

Das Treffen war im schnuckeligen Wirtshaus Christ. Während mich die Kellnerin zum separierten Anbauhäuschen führte, dachte ich in mich hinein, dass die Organisator:innen dieses Stammtisches eine tolle Location ausgesucht haben. Kaum war ich eingetreten wurde ich von den schon Anwesenden Leandro, Toby, Marley und ? herzlich begrüßt.

Nach und nach kamen die anderen und die Freude des Wiedersehens war überwältigend groß. Ich erfuhr, dass die Teilnehmer:innen aus ganz Deutschland anreisten, weil sie den Austausch und die gemeinsame Zeit sehr schätzten. Besonders beeindruckt hat mich die offene, herzliche Art aller Teilnehmer:innen und das wertschätzende Miteinander. Auch ich wurde so aufgenommen, dass ich mich sehr schnell sehr wohl fühlte. Jeder begrüßte jeden voller Herzlichkeit und Interesse. Den „ Neuen“ stellten sich die „alten Hasen“ mit Namen vor und man plauderte direkt ein paar Worte miteinander. Ich dachte mir, was für eine schöne Gemeinschaft!!!

Die Freude des Zusammenkommens und die Lust sich auszutauschen, neue Menschen kennenzulernen und in ihren Kreis aufzunehmen war unübersehbar.

Ich hörte wertvolle Tipps von Betroffenen für Betroffene und erlebte so intensive Gespräche, dass die Zeit wie im Fluge verflog!

Eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass ich nach drei Stunden nach Hause zurückfahren würde, aber ich konnte mich von dieser schönen Atmosphäre nicht lösen :))

Wir haben viel geplaudert, gelacht und auch Themen angesprochen, die die Lebenswelt Hörgeschädigter beeinträchtigen.

Dazu gehört u.a. der erschwerte Zugang zum Arbeitsmarkt. Mir wurde im intensiven Austausch bewusst wie schwer es für Menschen mit Hörbehinderungen ist, einen Job zu finden. Das hat mich an manchen Stellen fassungslos gemacht!

Auch wurde ich sensibilisiert, dass Kinobesuche nur gehen, wenn Untertitel vorhanden sind.

Für mich wurde deutlich, dass das ICF-Postulat die Teilhabe an der Gesellschaft zu erhöhen, wenn es denn wahrhaftig gemeint ist, damit verbunden ist, dass wir genau hinschauen müssen, an welchen Stellen die Teilhabe im Alltag erschwert ist; denn nur so können wir Veränderungen herbeiführen. So sollte m. E. flächendeckend in jedem Kino Hörhilfen vorhanden sein, die sich mit dem CI verbinden lassen. So können hörgeschädigte Menschen selbst entscheiden in welchen Film sie gehen möchten, so wie es für Menschen ohne Hörbeinträchtigung selbstverständlich ist. Alles andere ist, wenn wir ehrlich sind, Diskriminierung.

Fazit:

Ich bedanke mich sehr, dass ich an diesem Abend teilnehmen durfte und so herzlich aufgenommen wurde.

Dieser Stammtisch der jungen Menschen mit Hörbeeinträchtigungen zeigte mir plastisch wie wichtig Selbsthilfegruppen sind.

Ein Ort, ja sogar eine Art Safe Place, ohne fachliche Anleitung, wo die Betroffenen sich gegenseitige  emotionale Unterstützung und Motivation geben!

Beeindruckend mit zuerleben, dass jeder/ jede ein Stückweit Experte in eigener Sache ist, viel Kompetenz mitbringt und diese einbringt, um sich gegenseitig zu unterstützen.

Als Nichtbetroffene, obgleich ich Therapeutin bin, konnte ich mir ein viel besseres Bild über die alltäglichen Hindernisse verschaffen.

Ich habe wertvolle Gespräche in Erinnerung und nehme die herzliche Atmospäre mit.

Für meinen therapeutischen Alltag nehme ich mit meinen Patienten die Möglichkeit des Besuchs einer Selbsthilfegruppen deutlicher zu empfehlen.

Mein Wunsch wäre eine bessere Vernetzung von sprachtherapeutischen/ logopädischen Praxen und Selbsthilfegruppen, um den Zugang für Patienten zu erleichtern.

Hülya Turan

Sprachtherapeutin aus Dortmund

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