(Düsseldorf I Stammtisch I 06.04.24) Eigentlich wollte ich mich nur mit einer E-Mail zu einem Seminar vom CIV NRW anmelden - doch im Handumdrehen fand ich mich beim DOA-Frühlingsstammtisch in Düsseldorf wieder. Da verbrachte ich mit rund 25 jungen Leuten, die ich vorher noch nie gesehen hatte, einen schönen sonnigen Tag. Wie zum Teufel war ich da gelandet?!

Mit Selbsthilfe hatte ich bislang nur beruflich zu tun - mit meinen 32 Jahren fühlte ich mich von den Angeboten der Selbsthilfe nie persönlich angesprochen: Flyer, Zeitschriften und Internetseiten wirkten auf mich oft nicht ansprechend gestaltet. Vor allem, weil ich selbst eher in den sozialen Medien unterwegs bin. Dazu kommt noch, dass ich erst mit 28 Jahren anfing, mein Hörgerät überhaupt endlich mal zu tragen, und ich mich lange nicht als Teil der Zielgruppe "Menschen mit Hörschädigung" begriffen habe, obwohl ich von Geburt an einseitig schwerhörig bin. Ganz getreu nach dem Motto: Wenn ich meine Hörbeeinträchtigung ignoriere, dann habe ich auch keine. Blöd nur, dass die Realität anders aussah, und vor allem auf Dauer eins war: und zwar ziemlich anstrengend.

Nun hatte ich mich endlich dazu aufgerafft, mich mal mit meinen alltäglichen Hör-Herausforderungen zu beschäftigen und ein erstes Seminar zu besuchen - und prompt keinen Platz mehr bekommen. Da schien es mir so, als hätte ich schon fast keine andere Wahl mehr als stattdessen erstmal zu einem Stammtisch zu gehen und mich mit anderen in meinem Alter auszutauschen. Kurz fragte ich mich noch, ob ich da ohne ein CI überhaupt hingehen kann. Aber schon in der zugehörigen WhatsApp-Gruppe wurde ich total lieb begrüßt und fühlte mich tatsächlich direkt willkommen und gut aufgehoben.

Ein paar Tage nach der ersten E-Mail war ich also auf dem Weg nach Düsseldorf und fragte mich, warum ich das gerade tue und wie ich diese fremden Leute überhaupt finden soll. Als Antwort auf diese Frage kam in der Gruppe: "Na an den Knöpfen am Kopf." Da blieb mir ja nicht viel übrig als das ganze Unterfangen einfach genauso locker zu nehmen. Genau auf diese Weise fand ich die Gruppe vor der verabredeten Brauerei "Zum Schiffchen". Kurz hatte ich den Gedanken "Oh Gott, wir können doch jetzt nicht in dieses laute Brauhaus gehen, da hör ich doch nichts vom Gespräch" - und dann fiel mir wieder ein, dass das ja doch geht, weil es allen so geht und ich mich gar nicht verstellen muss.

Da saß ich nun also zwischen 25 Menschen, die sich teilweise zum ersten Mal sahen, sich schon jahrelang kannten oder sich über das Wiedersehen mit Freund*innen oder Bekannten freuten. Das fühlte sich komischerweise so gar nicht falsch an. Es wurde gequatscht, gegessen, getrunken und gelacht und ich fand mich ab da in stundenlangen Gesprächen, Fragen und Austausch wieder. So viel Offenheit und Herzlichkeit hab ich noch nicht oft erlebt. Vegetarisches Essen war zwar nicht das Spezialgebiet des Brauhauses, aber das Bier konnte über diese Tatsache ganz gut hinweghelfen. Später teilte sich die Gruppe und ich spazierte dann mit einem Teil der Leute zum Kiosk und dann am Rhein entlang. Mit dem Rheinturm im Rücken verbrachten wir den Rest des Tages draußen in Gesprächen und der erste richtige Sonnentag 2024 verging so wie im Flug.

Besonders blieb mir im Kopf, dass ich an diesem Tag das erste Mal in einer Gruppe war, in der ich keine Panik vor schwierigen Hörsituationen bekam. Normalerweise stresst mich das vor allem in neuen Gruppen. Aber wir konnten herzhaft darüber lachen, wenn jemand etwas nicht hörte oder verstand, denn es war eh jede*r mal an der Reihe. Es gab keinerlei Druck, hören können zu müssen, was sich wie eine Auszeit vom Alltag anfühlte. Eine Auszeit, von der ich nur ahnen konnte, dass ich die dringend mal bräuchte. Erst gegen 2 Uhr nachts kam ich wieder zu Hause in Münster an - damit habe ich auf jeden Fall den Preis "als letzte zu Hause gewesen" gewonnen. Für einen ersten Stammtisch ein gar nicht mal so schlechtes Zeichen oder?

Elena Doudis

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